GLAUBST DU NOCH ... oder denkst du schon?

Religion ist das, was verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben.

Andreas Leber (11967 HE -), dt. Informatiker und Evo-Humorist

Quelle: Eigenzitat, in Abwandlung eines Originals von Philip K. Dick, amerik. Schriftsteller

Warum ich kein Atheist bin

06.12.12019 HE

Fangen wir mit einigen Definitionen an.

Theist:Eine Person, die an die Existenz eines "Gottes" glaubt.
Atheist:Eine Person, die an die Existenz eines "Gottes" nicht glaubt.
Agnostiker:Eine Person, die glaubt, dass man die Existenz eines "Gottes" weder beweisen noch widerlegen kann.

In allen drei Fällen und im Folgenden bedeutet "glauben" lediglich "annehmen, meinen, vermuten, davon ausgehen", und nichts darüber hinaus. Es bedeutet nicht, einer Ideologie oder Weltanschauung anzugehören, es impliziert keine weiteren Annahmen. Es geht nur um die Frage "gibt es das oder gibt es das nicht". Erst, wenn diese Frage beantwortet ist (wenigstens vorläufig, wie alle Fragen), lohnt es sich bzw. ist es überhaupt sinnvoll möglich, weitere Fragen anzugehen ("Wie ist die Welt entstanden?", "Was ist der Sinn von alledem?", etc.), denn die hängen von dieser Frage ganz wesentlich ab.

Was stört mich nun an obigen Begriffen? Ganz einfach: Ich habe keine Ahnung, was das eigentlich sein soll, ein "Gott" (darum die Anführungsstriche). Was ist das denn, das da existieren soll oder nicht, oder das man nicht beweisen oder widerlegen können soll?

Und ich gehe noch einen wesentlichen Schritt weiter: Ich behaupte, dass das kein Mensch weiß. Keiner, der heute lebt, noch irgendein noch so weiser aus der Vergangenheit. Kein Theologe hat jemals eine Definition, oder, weniger streng, irgend etwas Plausibles vorbringen können, das wenigstens ungefähr (also so, dass man damit arbeiten, sich darüber verständigen könnte) beschreibt, um was es sich dabei handelt. Alle Beschreibungsversuche setzen immer voraus, dass man bereits daran glaubt, nur dann erscheint (nicht: ist) es "irgendwie klar".

Eines setze ich voraus: Wir reden von einem Schöpfer"gott", also (irgend) einem "Gott", der die Welt erschaffen hat, und zwar die wirkliche und reale Welt*). Und damit kann "Gott" nicht einfach nur eine Vorstellung, ein Konstrukt unseres Gehirns, sein, sondern er muss tatsächlich existieren: Meine Vorstellungen können keine wirkliche Welt erschaffen.

Wenn wir also von etwas tatsächlich existierendem reden, dann hängt das nicht von uns ab, wir können uns selbst also ganz aus der Rechnung heraus nehmen. Religiösen Menschen fällt das erfahrungsgemäß unendlich schwer. Sie stehen im Zentrum ihrer Welt; ihre eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen sind alles, um was es ihnen geht. Ich will, dass alles einen Sinn hat - also muss es einen Sinn haben. Ich will nicht tot sein, wenn ich gestorben bin, also muss es ein Leben nach dem Tod geben (und damit die ganze Geisterwelt, ohne die das nicht möglich ist). Das darf alles nicht sein, und darum ist es auch nicht so. Das ist reines Wunschdenken und darum irrelevant, da die Welt bekanntlich kein Wunschkonzert ist. Wir wollen wissen, wie es wirklich ist, und nicht unsere Vorurteile bestätigt sehen.

Nun habe ich eine Schwierigkeit: Ich will niemandem vorschreiben, wie er mir meine Frage "Was ist das, ein 'Gott'?" beantworten soll. Die Antwort muss sich lediglich auf Wirkliches beziehen, und sie muss das eigene Wunschdenken, Empfinden, Meinen etc. ausklammern. Idealer Weise sollte die Antwort aber schon so Aspekte dieses "Gottes" einbeziehen wie "Woraus besteht das?", "Wie funktioniert das?", "Wo kommt das her, wer hat das gemacht?". Ich behaupte, dass mir das kein Mensch beantworten kann. "Antworten" wie "das ist viel zu hoch für unseren begrenzten Verstand", "das ist für uns unbegreiflich", "höhere Welt, höheres Wesen", etc. sind keine Antworten, sie bestätigen vielmehr meine Behauptung: Wer so redet, sagt nichts anderes, als dass er eben nicht weiß, was das ist.

Aber er glaubt daran. - Woran? - Keine Ahnung, viel zu hoch.

Aber ohne das hat alles keinen Sinn. - Ohne was? - Keine Ahnung.

Und welchen Sinn hat es mit dem? - Keine Ahnung, das weiß nur "Gott".

Wer? - Keine Ahnung.

Wer so redet, der glaubt nicht an "Gott", sondern an "irgendwas". Irgendwie was Höheres halt. Es ist die unfassbare intellektuelle Unredlichkeit, dieses Gerede über "Irgendwas, genannt 'Gott'", die mich kopfschüttelnd zurück lässt.

Stelle ich einem (Aber-) Gläubigen die Frage, was das eigentlich ist, ein "Gott", dann schaut er mich nur verständnislos an. Ist doch klar, Gott halt, was meinst du? Es ist eine Gewöhnung, von Kindheit an, irgendwas, das scheinbar schon immer da war und das man nie hinterfragt hat.

Der Witz ist nun, dass mir das mit meinen atheistischen Freunden genauso geht: Der gleiche Blick, die gleiche Verständnislosigkeit. Wie, was ist das? Gott halt ... oder: Frag die Theisten, das wovon die reden. Wovon reden die denn? Keine Ahnung, irgendwie "Gott" halt. Und das existiert also nicht? Ja, richtig, das existiert nicht. Was denn? Keine Ahnung. Und dann die "oberschlauen" Agnostiker, die keine platten Atheisten sein wollen, und sich herausreden auf "das kann man nicht beweisen, aber auch nicht widerlegen" - was denn? Dass was existiert, kann man nicht beweisen oder widerlegen? Ja, dieses "Gott" halt, usw.

Und alle - Theisten, Atheisten und Agnostiker - reden und reden über "irgendwas, genannt 'Gott'", und sie werden noch in Jahrhunderten darüber reden, und am Ende werden sie sich die Köpfe einschlagen, weil sie nicht wissen, wovon sie reden und sich also nicht einigen können. Insbesondere natürlich die Theisten, unter denen schon seit 2000 Jahren nur Mord und Totschlag herrscht, eine Sekte gegen die andere, Katholiken gegen Protestanten und Orthodoxe, Sunniten gegen Schiiten, Christen gegen Moslems und umgekehrt. Alles wegen "irgendwas, genannt 'Gott'".

Meine resignative Schlussfolgerung

Wenn ihr nicht wisst, wovon ihr redet und woran ihr (nicht) glaubt, dann schicke ich euch hiermit nach Hause in euer stilles Kämmmerlein, da denkt ihr dann darüber nach, und wenn ihr es dann wisst, dann kommt ihr wieder und erzählt es mir. Vielleicht haben wir dann etwas, worüber zu reden sich lohnt. Bis dahin verweigere ich euch jede Diskussion!

Ignostiker:Eine Person, die nicht weiß, was das ist, ein "Gott", und die sich an dem unsinnigen Gerede darüber nicht beteiligt.**)

*) Wirkliche und reale Welt - für mich ist das dasselbe; allerdings muss das nicht so sein, ich bin da offen - wenn mir jemand etwas über die Realität ("Welt der Dinge", die materielle Welt) hinaus Reichendes zeigt, dann ändere ich meine Ansichten gerne. Ich bin kein Dogmatiker.
**) Auch "Ignorist" genannt, von lat. "ignorare", nicht wissen.

www.glaubst-du-noch.de/ix002WarumIchKeinAtheistBin.php | Stand 07.10.12024 HE 09:54